Wie man die Verkehrssicherheit in Städten verbessert
Städte stehen heute vor einer alarmierenden Herausforderung: laut der WHO sterben weltweit jedes Jahr über 1 Million Menschen im Straßenverkehr. Für Kinder und junge Erwachsene zwischen 5 und 29 Jahren sind Verkehrsunfälle sogar die häufigste Todesursache. Besonders in dicht besiedelten urbanen Räumen nehmen die Opferzahlen zu.
Diese Entwicklung verdeutlicht, wie dringend Städte ihre Verantwortung für die Verkehrssicherheit wahrnehmen müssen. Nur durch gezielte Maßnahmen lassen sich sichere Räume für alle schaffen - und letztlich viele Menschenleben retten.
In diesem Beitrag erfahren Sie, wie Kommunen unterschiedliche Instrumente, von Vision‑Zero‑Aktionsplänen, bis zu modernen Technologien, nutzen können um die Verkehrssicherheit nachhaltig zu verbessern.
Verkehrssicherheit in Städten
Definition und Risiken
In den vergangenen zehn Jahren hat sich das Unfallgeschehen deutlich in die Städte verlagert. Während früher ländliche Regionen höhere Unfallraten verzeichneten, übersteigt heute die Zahl der Verkehrstoten in urbanen Räumen jene auf dem Land – eine Entwicklung, die Stadtplaner und Verkehrsbehörden vor neue Herausforderungen stellt.
Die hohe Dichte und Komplexität städtischer Räume bringen besondere Risiken mit sich: 2022 ereigneten sich in den USA rund 32% aller tödlichen Unfälle in Städten an Kreuzungen; in ländlichen Gebieten lag der Anteil bei nur 16%. Mehr als 80% aller tödlichen Unfälle mit Fußgängern und Radfahrern passieren in Städten. Hinzu kommt, dass etwa 29% der tödlichen Unfälle im Stadtgebiet mit überhöhter Geschwindigkeit zusammenhängen. Angesichts dieser Fakten stellt sich die Frage, was städtische Verkehrssicherheit genau bedeutet und welche Gruppen besonders geschützt werden müssen.
Städtische Verkehrssicherheit umfasst alle Maßnahmen, die Unfälle, Verletzungen und Todesfälle im Straßenverkehr verhindern oder verringern. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf verletzlichen Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern, Radfahrern und Motorradfahrern, die in urbanen Räumen den Großteil der Opfer stellen.
Datenbasierte Sicherheitsplanung
Eine wirksame Verkehrssicherheitsplanung in Städten basiert auf der systematischen Erfassung und Auswertung von Daten. Dazu gehören Informationen zu Unfällen, Mobilitätsmustern und Risikofaktoren. Nur so können Städte fundierte Entscheidungen über Infrastrukturinvestitionen und verkehrspolitische Maßnahmen treffen.
Eine leistungsfähige Datenbank sollte enthalten:
- Unfallorte und Umstände des Unfalls
- Daten zur Schwere der Verletzungen
- Verkehrsaufkommen und Mobilitätsmuster
- Verhaltens- und Überwachungsdaten
Mit der Analyse dieser Informationen lassen sich Gefahrenstellen erkennen, Unfallmuster verstehen und Sicherheitsmaßnahmen bewerten. Moderne Werkzeuge wie GIS-Karten zur Visualisierung von Unfall-Hotspots oder Predictive Analytics zur Vorhersage von Risiken gewinnen dabei zunehmend an Bedeutung.
Wichtig dabei ist: Datenanalyse ist kein Selbstzweck. Die gewonnenen Erkenntnisse fließen direkt in konkrete Planungsentscheidungen ein, etwa bei der Umgestaltung oder Nachrüstung von Straßen und Kreuzungen, und erhöhen so die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer.
Maßnahmen zur Gestaltung sicherer Straßen
Sichere Straßenräume entstehen durch die gezielte Umsetzung von Erkenntnissen aus der Verkehrssicherheitsdatenanalyse und bilden das Fundament urbaner Verkehrssicherheit. So werden evidenzbasierte Strategien in konkrete Maßnahmen übertragen und Straßenumgebungen geschaffen, in denen sich alle Verkehrsteilnehmer, ob zu Fuß, mit dem Fahrrad, Motorrad, Auto oder im öffentlichen Verkehr, sicher bewegen können.
Im Folgenden betrachten wir einige der wirkungsvollsten Instrumente und Gestaltungsstrategien, mit denen Städte weltweit sichere Straßen für alle schaffen.
Eine Studie des Missouri Department of Transportation zeigte, dass bereits einfache Fahrbahnmarkierungen auf Landstraßen die Gesamtzahl der Unfälle um 15% und die Zahl schwerer Unfälle um 19% reduzierten. Dieses Ergebnis verdeutlicht, wie wirksam selbst einfache, datenbasierte Gestaltungsmaßnahmen sein können und dass sich ihr Nutzen weit über den städtischen Raum hinaus erstreckt.
Neben baulicher Trennung setzen Städte vermehrt auch auf visuelle Maßnahmen, um die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen. So testet die Stadt München derzeit in einem Pilotprojekt farbig beschichtete Radwege an Bushaltestellen. Diese Markierungen sollen die Sichtbarkeit von Radfahrenden erhöhen und Konflikte mit ein- und aussteigenden Fahrgästen reduzieren.
Unterstützt wird die Initiative von Sofia Salek de Braun, der Pressesprecherin für Verkehrssicherheit in München:
„Wenn wir alle ein wenig mehr Rücksicht aufeinander nehmen, können wir Verkehrsunfälle verhindern, bevor sie passieren.“
Vision Zero und der Safe-System-Ansatz
Vision Zero entstand in den 1990er‑Jahren in Schweden als umfassende Verkehrssicherheitsstrategie. Sie basiert auf der Prämisse, dass Verkehrstote und Schwerverletzte keine unabwendbaren Schicksale sind, sondern durch systemische Maßnahmen verhindert werden können. Städte, die Vision Zero umsetzen wollen, beginnen mit einer politischen Selbstverpflichtung auf höchster Ebene und legen konkrete Ziele und Zeitpläne fest. Seit 2014 hat dieser Ansatz in den USA deutlich an Dynamik gewonnen; bis 2021 haben sich dort mehr als 50 Kommunen offiziell dazu bekannt.
Safe-System-Prinzipien
Der Safe-System-Ansatz ist die Grundlage einer erfolgreichen Vision-Zero-Umsetzung. Er beruht auf sechs Prinzipien:
- Todesfälle und Schwerverletzungen sind inakzeptabel
- Menschen machen Fehler
- Menschen sind verletzlich
- Geteilte Verantwortung: Verkehrssicherheit ist Aufgabe von Systemgestaltern (z. B. Stadtplanung, Straßen-/Verkehrsbehörden, Fahrzeughersteller, Politik, Polizei/Ordnungsbehörden) und individuellen Verkehrsteilnehmern.
- Sicherheit ist proaktiv (präventiv statt reaktiv).
- Redundanz ist entscheidend: Sicherheit darf nicht an einer Einzelmaßnahme hängen; mehrere, sich überlagernde Schutzschichten begrenzen die Folgen von Fehlern.
Der Safe-System-Ansatz definiert fünf sich gegenseitig verstärkende Handlungsfelder: sichere Verkehrsteilnehmer, sichere Fahrzeuge, sichere Geschwindigkeiten, sichere Straßenräume/Infrastruktur und Versorgung nach Unfällen. Zusammen schaffen sie ein System, das menschliche Fehler antizipiert und deren Folgen minimiert. Dies ist in komplexen städtischen Räumen mit vielen Verkehrsmitteln besonders wichtig.
Erfolgreiche Umsetzung von Vision Zero auf kommunaler Ebene
Mehrere Städte belegen die Wirksamkeit von Vision Zero durch Verkehrssicherheitsanalysen und proaktive Maßnahmen. Schweden hat seit der Einführung die Zahl der Schwerverletzten und Verkehrstoten etwa halbiert. New York City verzeichnete seit 2014 einen Rückgang der Fußgängertoten um 44% und der verkehrsbedingten Todesfälle um 27%. Jersey City erreichte 2022 null Verkehrstote durch taktische Maßnahmen entlang von sechs Korridoren. Edmonton reduzierte innerhalb von drei Jahren die Schwerverletzten um 17% und die Verkehrstoten um 41% - durch umfassende Verbesserungen der Beschilderung und Knotenpunktumgestaltungen.
Methoden für proaktives Verkehrssicherheitsmanagement
Wirksame Verkehrssicherheit endet nicht bei der Risikoerkennung - sie antizipiert Gefährdungen und verhindert Unfälle, bevor sie eintreten. Städte setzen dafür zunehmend auf datengetriebene Lösungen: vom Sicherheitsaudit von Straßen (nach FGSV ESAS) über Echtzeitmonitoring bis hin zu vorhersagebasierten Analysen. Diese Werkzeuge ermöglichen den Wechsel vom reaktiven zum proaktiven Handeln und unterstützen Behörden und Planungsbüros dabei, Maßnahmen zielgenau, zeitnah und wirksam zu priorisieren.
FAQs rund um das Thema Verkehrssicherheit
Was ist Verkehrssicherheit und warum ist sie so wichtig?
Der Begriff „Verkehrssicherheit“ bezieht sich auf Strategien und Methoden, Menschen vor schweren, durch Unfälle verursachte Verletzungen oder vor Unfalltod zu schützen. Wichtig ist die Verkehrssicherheit, da sie Risiken für Leib und Leben reduziert, die Reparaturkosten für die Verkehrsinfrastruktur senkt, die Mobilität fördert und die Entwicklung der Gesellschaft voranbringt. Entwicklungsländer mit massiven Stau- und Unfallproblemen profitieren besonders von mehr Verkehrssicherheit.
Durch was werden Verkehrsunfälle verursacht?
Ursachen für Verkehrsunfälle gibt es viele. Zu ihnen gehören menschliches Fehlverhalten, Fahren unter Einfluss von Alkohol oder Drogen, zu schnelles oder rücksichtsloses Fahren und Ablenkung im Straßenverkehr. Ursachen sind auch schlechte Straßenverhältnisse, schlecht geplante Straßen, verwirrende Verkehrszeichen und Ampeln, schlechte Sichtverhältnisse durch Regen oder Nebel und mangelhafte Straßenbeleuchtung.
Wie lässt sich die Verkehrssicherheit verbessern?
Öffentliche wie private Akteure können zu mehr Verkehrssicherheit beitragen, indem sie sichere Straßen planen und sie für verschiedene Verkehrssituationen optimieren. Analyse-, Planungs- und Modellierungs-Tools helfen bei der reaktiven Betrachtung von Unfallsituationen, bei der Beurteilung verschiedener Alternativen und der proaktiven Schaffung einer zukunftssicheren Verkehrsinfrastruktur mit verbessertem Verkehrsfluss und hoher Verkehrssicherheit.
Wie können Regierungen dazu beitragen, die Zahl der Verkehrsunfälle zu reduzieren?
Indem Regierungen in Analysen, Audits und in die Überwachung der Verkehrssicherheit investieren, helfen sie, die Zahl der Unfälle zu senken. Als besonders effizient gilt das Investment in Tools, mit denen sich Verkehrsflüsse virtuell planen und optimieren lassen, bevor hohe Kosten anfallen. Sind die Straßen virtuell optimiert, führen gezielte Investitionen in die Infrastruktur zu merklichen Verbesserungen der Verkehrswege und ihrer Sicherheit.